Richtig delegieren und motivierend kommunizieren

Vom Büro-Zoo zum Hochleistungsteam

„Einmal mit Profis arbeiten!“ – Manche Führungskraft fühlt sich umgeben von Amateuren, würde sich lieber klonen oder alles selbst machen, statt täglich im chaotischen Büro-Zoo zu stecken. Das wäre allerdings keine gute Idee: Zum einen können sie nicht alles selbst machen und wie wir im Artikel über die Suche nach einem agilen Mitarbeitertypen  bereits dargelegt haben, braucht ein erfolgreiches Team die unterschiedlichsten Spezies. Und es tut mir leid, das zu sagen, aber das Problem liegt nicht bei den Teammitgliedern, sondern daran, dass sie nicht typgerecht motiviert werden. Wer sich intensiv mit ihnen beschäftigt, erkennt die verschiedenen Charaktere im Team treffsicher, versteht sie und lernt, Aufgaben entsprechend ihrer individuellen Motivation zu delegieren. Anpassungsfähigkeit ist also von Führungskräften gefragt – nicht nur an sich verändernde Märkte, sondern auch an die eigenen Angestellten.

Führungskräfte müssen sich vor allem mit dem Menschen befassen

Es ist mir fast unangenehm, so einen naheliegenden Tipp zu geben, aber leider sieht die Realität in Unternehmen und Konzernen noch immer so aus, dass Führungskräfte mit anderen Dingen beschäftigt sind als mit ihren Teammitgliedern. Sie zu führen ist allerdings ihre Kernaufgabe. Ich bin der Meinung, dass jeder Chef und jede Chefin sich ausreichend Zeit nehmen sollte, um die eigenen Mitarbeiter:innen kennenzulernen. Wer aufmerksam beobachtet und zuhört und sich ein wenig mit Motivationspsychologie befasst hat, erfährt schnell, was sie antreibt. Ich sage voraus: Wer kein Interesse daran hat, wird ein Team nicht erfolgreich führen können und hat den falschen Job!

Und wer ständig dafür sorgen muss, dass sich alle vertragen, sich Genörgel wegen der Aufgabenzuteilung anhören muss oder einfach immer wieder unzufrieden ist, mit den Ergebnissen, die er oder sie vom Team präsentiert bekommt, delegiert einfach noch nicht zielgenau. Das Ergebnis: Stress, unzählige Meetings, in denen man sich wie ein Zoodirektor fühlt, umgeben von wilden Tieren, die sich gegenseitig oder einen selbst am liebsten auffressen wollten. Im schlimmsten Fall droht eine Totalblockade. Bei genauerer Betrachtung ist es jedoch gar nicht so schwer, diesen „Zoo“ in ein gut laufendes Team zu verwandeln.

Mitarbeiter-Typen identifizieren

Prof. Dr. Werner Corell hat einst fünf Motivationstypen identifiziert. Basierend auf seinen Forschungen habe ich aus ihren markantesten Eigenschaften meinem „Büro-Zoo“ mit fünf Spezies besetzt, die uns das Arbeiten und damit das Leben gleich viel einfacher machen:

DER LÖWE – Der Selbstdarsteller

Der Löwe, der König der Tierwelt, zeigt seinen Status durch sein Auftreten. In auffällige Marken gekleidet stolziert er erhaben durchs Büro. Ganz klar: Er möchte wahrgenommen werden und zu jeder Zeit sein Revier und sein Rudel selbstbewusst dominieren. Sein großes Ego lässt aber noch genug Raum für unerschütterlichen Optimismus, mit dem er jede neue Herausforderung in Angriff nimmt. Dabei bringt er richtig PS auf die Straße, wenn er damit alle anderen wissen lassen kann, dass er alles im Griff hat.

DER ELEFANT – Der Ängstliche

Das Lebensmotto des Elefanten ist es, bloß nicht aufzufallen. Eigentlich absurd, denn durch seine Größe und Erfahrung nimmt er im Grunde viel Raum ein. Versucht das alles aber in den Umfang einer Maus zu pressen. Wird er gefragt, teilt er sein umfangreiches Wissen allerdings jederzeit und gerne. Nur Veränderungen kann er auf den Tod nicht leiden und wird sich mit seiner ganzen Masse dagegen wehren, seine Komfortzone zu verlassen.

DAS ZEBRA – Das Herdentier

Das Zebra ist wie Marty aus dem Film Madagaskar: Es sieht in allen erst einmal das Gute und liebt das Team über alles. Teamausflug – yay – Teamfrühstück – yeah – abteilungsübergreifende Kollaboration – spannend! Es ist außerdem in seinem Harmoniebedürfnis ein super Streitschlichter. Ein geborener Diplomat. Aber Achtung: Es verliert sich auch gerne in ausgiebigen Gesprächen mit den Kolleg:innen und hält sie und sich damit von der Arbeit ab.

DER KRANICH – Der Erbsenzähler

Zucht und Ordnung ist nichts vor dem der Kranich zurückschreckt. Ganz im Gegenteil! Regeln und Prozesse kennt er in und auswendig, jede Anomalie und jeden Fehler bemerkt er sofort – egal ob Rechtschreibfehler, fehlendes Komma oder einen Rechenfehler in deiner Budgetplanung. Er ist besonders gewissenhaft. Toll. Dieser Vogel bremst jedoch alle aus, wenn es gilt, Aufgaben mal nicht gemäß Prozess zu erledigen. Das löst, seiner Ansicht nach, ein Chaos aus, das er auf den Tod nicht leiden kann.

DER JAGUAR – Der Individualist

Der schwarze Jaguar kommt in der Natur, wie auch im Büro, sehr selten vor. Wenn er auftaucht, rettet er aber oft allen den Tag. Zieht sich dann allerdings auch schnell wieder zurück und macht sein eigenes Ding. Die wenigen Exemplare dieser Spezies, die mir begegnet sind, waren meist richtig gute Führungskräfte mit positiver lässiger Ausstrahlung und Charisma. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgen ihnen meist ganz von selbst. Der Jaguar ist empathisch, zielstrebig, entscheidungsfreudig und will jeden Tag ein bisschen besser sein als gestern. Wenn du durch Glück einen dieser seltenen Spezies in deinem Team hast, sei besser nett zu ihm – er könnte schon bald dein Chef oder deine Chefin sein.

Hochleistungsteams brauchen alle Typen

Wer diese erste Typologisierung liest, fängt schnell an, die eigenen Teammitglieder zu sortieren und sich häufig mehr von denen zu wünschen, die einem selbst ähnlich sind. Ein Team ist aber vor allem dann zu Höchstleistungen in der Lage, wenn es viele unterschiedliche Typen vereint. Es braucht nicht nur Löwen, die PS auf die Straße bringen und ständig bereit sind, etwas Neues auszuprobieren. Sich an Prozesse zu halten und nicht alles Altbewährte ständig über Bord zu werfen, ist ebenso wichtig. Ein Hauch von Diplomatie kann aber auch nicht schaden. Es kommt also auf das Zusammenspiel der einzelnen Charaktere an. Ein Zusammenspiel, das Führungskräfte clever steuern müssen.

Richtig delegieren gemäß Mitarbeiter-Typ

Selbst Aufgaben richtig und typgerecht zu delegieren, ist dabei der erste Schritt. So unterschiedlich die Charaktertypen des Büro-Zoos sind, so verschieden muss die Kommunikation in Bezug auf die Tasks sein. Dieselbe Aufgabe müssen Führungskräfte somit auf mindestens fünf verschiedenen Wegen delegieren können, um sicherzustellen, dass sie zu ihrer Zufriedenheit erledigt wird. Ein einfaches Beispiel aus der Praxis. Stichwort: Präsentation.

Kommunikation
mit dem Löwen

Nächste Woche habe ich ein wichtiges Treffen mit dem Topmanagement. Dazu brauche ich eine Präsentation zu unseren laufenden Projekten. Du weißt schon, Zahlen, Daten, Fakten, aktuellen Stand und einen Forecast – das Übliche. Es ist wichtig, dass die Präsentation sehr professionell aussieht. Daher möchte ich, dass du diese Aufgabe erledigst. Du kannst dich super in die Denkweise unseres Topmanagements versetzen und weißt genau, was sie sehen wollen. Ganz wichtig: Schreib deinen Namen direkt auf das Cover, sodass unser Management dich in den Fokus nimmt.

Kommunikation 
mit dem Elefanten

Nächste Woche habe ich ein wichtiges Treffen mit dem Topmanagement. Dazu brauche ich eine Präsentation zu unseren laufenden Projekten. Bei diesem Treffen wird entschieden, ob wir alles in gewohnter Form weiterführen dürfen, oder ob wieder eine Anpassung durchgeführt werden muss. Im schlimmsten Fall bekommen wir kein Budget für das nächste Quartal und brauchen dann eine kreative Lösung. Daher ist es besonders wichtig, dass wir uns gut auf dieses Treffen vorbereiten. Ich brauche deinen Support und zähle darauf, dass du, wie immer, pünktlich lieferst.

Kommunikation
mit dem Zebra

Unsere Afterwork-Party letzte Woche war echt klasse. Deine Witze kamen wieder super beim ganzen Team an. Ich habe mich auch köstlich amüsiert. Das müssen wir demnächst unbedingt wiederholen, sobald es zeitlich passt. Nächste Woche habe ich allerdings erst einmal ein wichtiges Treffen mit dem Topmanagement. Dazu brauche ich eine Präsentation zu unseren laufenden Projekten. Denkst du, du kriegst es hin, mir diese Arbeit abzunehmen? Ich weiß sonst nicht, wem ich das geben soll. Alle sind overloaded. Ich fürchte, sonst werden wir wieder Überstunden schieben müssen und so wird es diese Woche sicher nichts mit unserem Afterwork-Treff.

Kommunikation
mit dem Kranich

Nächste Woche, am 03.09. um 10:30 Uhr muss ich zum Quartalsreview beim Topmanagement vorsprechen. Dazu benötige ich die Präsentation über unsere Projektstatistiken. Die Zahlen, Daten, Fakten entnimmst du bitte unserem standardisierten Reporting-Tool. Die Präsentation muss exakt zehn Folien mit den wichtigen Eckdaten umfassen. Die Anleitung zur Erstellung dieser Präsentation findest du in Anlage B der Betriebsvereinbarung von 2019. Dort stehen alle Anforderungen unseres Managements aufgelistet. Ich brauche die Präsentation spätestens am 02.09. zu unserer 09:00 Uhr Runde, damit ich sie in unserem Teammeeting mit euch vorbesprechen kann.

Kommunikation 
mit dem Jaguar

Nächste Woche habe ich ein wichtiges Treffen mit dem Topmanagement. Dazu brauche ich eine Präsentation zu unseren laufenden Projekten. Übernimmst du bitte – die Aufgabe hat Priorität.

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Führungskräfte müssen sich anpassen

Genau so funktioniert angepasstes führen. Gute Cheffinnen und Chefs sind quasi die Chamäleons im Büro-Zoo. Sie kennen und verstehen ihre Teammitglieder gut, aber vor allem sich selbst. Aber Achtung: Das bedeutet auch, langfristig mehr als nur die Merkmale der Teammitglieder zu kennen, die am deutlichsten herausstechen. Denn eigentlich vereinen wir Anteile aller Tiere in uns – nur in unterschiedlicher Mischung.

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