Ein Mensch ist keine Insel: Wie wir uns erfolgreich durch den Konzern-Dschungel schlagen

Die Zeiten, in denen wir einsam vor uns hinarbeitend im Homeoffice saßen, sind bei den meisten Unternehmen vorbei. Im Büro, in der Produktionshalle und Co. treffen (wieder) täglich – oder zumindest mehrfach die Woche – die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander. Und auch bei der Remote-Arbeit machen sich verschiedene Herangehensweisen deutlich bemerkbar und sorgen für Konfliktpotenzial. Doch das muss nicht sein!

Unnötige Nahkämpfe im Büro kosten Zeit, Energie und Motivation

Der Mensch ist so individuell wie sein Fingerabdruck und äußerst komplex, aber einige grundlegende Antreiber und Ausprägungen der Persönlichkeit können wir durchaus ausmachen. Sich damit zu beschäftigen, lohnt sich: Wir können das Verhalten anderer – genau wie unser eigenes – wertfrei einordnen und Situationen mit Analogien aus der Tierwelt sogar mit Humor betrachten, statt in unnötigen Nahkämpfen im Büro-Zoo, Zeit und Energie zu verschwenden.

Der eigene Weg ist nicht der einzig richtige

Zahlreiche Studien zeigen, dass Diversität Teams und Unternehmen erfolgreicher macht. Trotzdem denken wir oft: „Warum können die anderen es nicht einfach so machen wie ich?“, „ich würde mich gerne klonen“ oder „Ich mache es besser selbst“. Allerdings sind wir nicht das Maß aller Dinge, auch wenn wir es häufig so empfinden. Nach der Motivstrukturanalyse (MSA®), einem wissenschaftlichen Analyseverfahren der intrinsischen Motivation von Dr. Andreas Huber, gibt es insgesamt 18 Grundmotive. Jeder Mensch besitzt all diese Motive, sie sind jedoch individuell ausgeprägt. Intellektuell ausgeprägte Menschen beispielsweise lieben es, nach Hintergrundinformationen zu recherchieren und zu forschen, wenn sie vor einer neuen Aufgabe stehen. Pragmatische Menschen lieben es dagegen, frei nach dem Motto „Trial-and-Error“, einfach loszulegen. Wenn andere einen alternativen Weg gehen, um Aufgaben zu erledigen, sind wir schonmal gefrustet oder explodieren sogar, dabei ist das Ergebnis, auf das es am Ende ankommt, häufig genauso gut oder sogar besser.

Andere Typen kennen und schätzen lernen

Ein Hochleistungsteam braucht nicht nur Typen, die PS auf die Straße bringen und ständig bereit sind, etwas Neues auszuprobieren. Sich an Prozesse zu halten und Altbewährtes nicht ständig über Bord zu werfen, ist ebenso wichtig. Und offene Kritik funktioniert häufig nur mit einem Hauch von Diplomatie. Je unterschiedlicher die Persönlichkeiten, desto besser – sofern ihr Zusammenspiel gut funktioniert. Je mehr Wertschätzung unter den Teammitgliedern besteht, desto besser funktioniert die Zusammenarbeit. Hier einige Hinweise, auf Basis der fünf Motivationstypen von Professor Werner Cornell, wie eine erste Einschätzung der Charaktere im persönlichen Büro-Zoo gelingt:

Der Löwe aka der Selbstdarsteller

Der König der Tierwelt zeigt seinen Status mit seinem Auftreten. In auffällige Marken gekleidet, stolziert er erhaben durchs Büro. Ganz klar: Er möchte wahrgenommen werden und zu jeder Zeit sein Revier und sein Rudel selbstbewusst dominieren. Sein großes Ego lässt aber noch genug Raum für unerschütterlichen Optimismus, durch den er vor keiner Herausforderung zurückschreckt, wenn sie ihn auf der Karriereleiter nach oben bringt. Er bringt richtig PS auf die Straße und sorgt dafür, dass auch alle anderen wissen: Er hat alles im Griff. Auch wenn das gar nicht immer der Fall ist, ist es häufig besser, ihm genau in diesem Glauben zu lassen. Er liebt den Wettkampf, behält aber auch oft in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf und sorgt durch klare Ansagen schnell wieder für Ruhe im Büro-Zoo.

Der Elefant aka der Ängstliche

Sein Motto: Bloß nicht auffallen! Damit ist der Elefant das genaue Gegenteil des Löwen. Obwohl er durch seine Größe und Erfahrung im Grunde viel Raum einnehmen sollte, hält er sich bewusst so klein wie eine Maus. Was er weiß, und das ist eine Menge, teilt er bei Nachfrage allerdings gerne und jederzeit. Nur vor unbekannten Aufgaben scheut er zurück und kann Veränderungen nicht leiden. Er wird sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, seine altbewährte Komfortzone zu verlassen. Im Gegensatz zum Löwen und entgegen seiner Erscheinung, hat er keine dicke Haut und leidet unter Sticheleien. Die frisst er so lange in sich hinein, bis er nicht mehr kann. Fühlt er sich jedoch wohl, ist er oft – wenn auch unbemerkt – mit seinem Fachwissen und seiner Kompetenz eine tragende Säule des Teams und sogar des gesamten Unternehmens.

Das Zebra aka das Herdentier

Zebras sind der Inbegriff der Diplomatie. Sie sind „Everybody‘s Darling“. Das Team und die gute Stimmung innerhalb des Teams stehen für sie über allem. Dafür sind sie auch schon einmal bereit, zurückzustecken. Ein Zebra ist mit allen nötigen Softskills ausgestattet, um das Team zusammenzuhalten, aber nicht selten verliert es sich in ausgiebigen Gesprächen mit den Kollegen – eben wie Marty aus den Madagaskar-Filmen. Damit hält es das Team schonmal von der Arbeit ab, kann aber auch wunderbar Brücken bauen zwischen den unterschiedlichsten Typen. Solo traut es sich eher weniger zu und braucht viel Zuwendung von Chefs und Kollegen.

Der Kranich aka der Erbsenzähler

Bereits in der griechischen Mythologie galt der Kranich als Symbol für Wachsamkeit und Klugheit. Regeln und Prozesse kennt er in- und auswendig. Jede Anomalie bemerkt er sofort: jeden Rechtschreibfehler, jedes Komma an der falschen Stelle und auch Rechenfehler in der Budgetplanung. Dieser Vogel bremst jedoch alle aus, wenn es gilt, Aufgaben mal nicht gemäß der vorgegebenen Prozesse zu erledigen. Seiner Ansicht nach löst das nur Chaos aus und Chaos kann er auf den Tod nicht leiden. Auch das „Clean-Desk“-Prinzip hat mit Sicherheit ein Kranich erfunden. Kreatives Chaos? Fehlanzeige. Um ihn zum Umdenken zu bewegen, braucht man gute Argumente. Obwohl das manchmal anstrengend und nervig ist, kann man sich zumindest immer auf seine Ehrlichkeit, Korrektheit und seinen Anspruch zur Perfektion verlassen.

Der Jaguar aka der Individualist

Der schwarze Jaguar kommt in der Natur, wie auch im Büro, sehr selten vor. Die wenigen, die mir begegnet sind, waren meist richtig gute Führungskräfte mit positiver lässiger Ausstrahlung und Charisma, denen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz von selbst folgten. Sie sind empathisch, zielstrebig, entscheidungsfreudig und wollen jeden Tag ein bisschen besser sein als gestern. Wenn man einen dieser seltenen Spezies in seinem Team hat, kann man sich glücklich schätzen. Er ist immer da, wenn das Team in Schwierigkeiten steckt, bleibt aber trotzdem ein Einzelgänger, macht sein Ding und lauert eher im Hintergrund. Im Gegensatz zum Löwen braucht er die soziale Anerkennung nicht und weiß auch ohne Lob, wo er steht und was er kann.

Die Eigenverantwortung von Teams wird immer wichtiger

Für Führungskräfte, Teamleader, Scrum Master und Co. ist es essenziell, sich auf jeden einzelnen Menschen individuell einzustellen und seine Sprache zu sprechen. Aber auch für das Team wird es immer wichtiger, Aufgaben untereinander sinnvoll zu verteilen, denn die Arbeitswelt verändert sich. Gerade mit der Einführung agiler Arbeitsweisen wird die Eigenverantwortung von Teams und ihren Mitgliedern wichtiger. Letztere müssen die eignen Stärken und Schwächen kennen – und die der anderen – um sich nicht wie die wilden Tiere an die Gurgel zu gehen, sondern sie sinnvoll einzusetzen und die besten Ergebnisse zu erzielen. Das bedeutet: beobachten und zuhören. Wer sich selbst gut kennt, weiß außerdem, was er von der eigenen Chefin oder dem eigenen Chef einfordern muss, um die eigenen Aufgaben motiviert anzugehen.

Motivierende Arbeitsbedingungen einfordern

Menschen, bei denen der risikofreudige Anteil überwiegt, wie zum Beispiel bei unserem Löwen, streben nach emotionaler An- und Aufregung, nach Nervenkitzel. Sie handeln stressfreudig, fühlen sich unter Druck besonders wohl und laufen zu Höchstleistungen auf. Sie schöpfen ihre Energie aus kritischen Situationen, die zum Beispiel durch Termindruck entstehen. Je mehr Adrenalin ihr Körper ausschüttet, desto effizienter und fokussierter können sie arbeiten.

Menschen dagegen mit risikobewusstem Antrieb, wie der Elefant, sind bestrebt, in einem ruhigen, veränderungsarmen und stressfreiem Umfeld zu leben. Sie sehen das Unbekannte als Gefahr und vermeiden es bewusst, handeln vorsichtig, mitunter auch ängstlich. Zu viele agile Aufgaben auf einmal, ohne klare Struktur oder roten Faden, können schnell zur Überforderung führen. Setzt man diese Menschen nun zu oft in unbekanntes Terrain und macht ihnen dann auch noch Druck durch knappe Terminvorgaben, ist mindestens ein Motivationstief vorprogrammiert – wenn nicht sogar ein Burnout.

Wir können uns unseren Chef oder unsere Chefin und auch unsere Teammitglieder selten aussuchen, aber durchaus kommunizieren, was wir brauchen, um unser volles Potenzial zu entfalten und die besten Ergebnisse zu erzielen. Und das sollte im Sinne aller sein. Wer ein Bewusstsein dafür entwickelt und einen Blick für die unterschiedlichen Bedürfnisse, kann bereits als Teammitglied wichtige Führungskompetenzen für seinen späteren Karriereweg sammeln.

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