Ein Unternehmen existiert nach wirtschaftlichen Kriterien – oder nicht lange. Das ändert sich im Zuge der agilen Transformation nicht. Das Ziel agiler Arbeitsprozesse ist, Produkte in einem klar definierten Entwicklungszyklus erfolgreich zu produzieren. Damit dies gelingen kann, müssen agile Teams ihre Arbeitsweise engmaschig überprüfen und optimieren. „Agilen KPIs“ kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie helfen, Schwachstellen zu erkennen und Lösungsoptionen zu entwickeln.
Agile KPIs fungieren als Wegweiser und Orientierungshilfen, die es ermöglichen, sich des gemeinsamen Fortschritts immer wieder zu vergewissern und Arbeitsprozesse regelmäßig zu überprüfen. Auch die Projektziele selbst werden dabei immer wieder geprüft und gegebenenfalls angepasst. Folglich eignen sich „agile KPIs“ nicht dazu, das Team darauf „festzunageln“, Ziele und Kennzahlen einzuhalten. Vielmehr sind sie ein wichtiger Indikator für drohende Zielabweichungen.
Mit 22 stehe ich als Mechaniker in meinem nagelneuen Blaumann auf der Produktionsstation. Ich beende stolz meine Nachtschicht, weil ich die Aufträge zwei Stunden früher abgeschlossen habe als im Arbeitsauftrag kalkuliert. Als ich sie gerade ordnungsgemäß im SAP-System abmelden will, bekomme ich einen Nackenschlag von meinem älteren Kollegen: „Was machst du? Bist du dumm? Heute hattest du einen guten Tag, morgen bist du vielleicht müde und langsam. Du bekommst dafür eh kein Lob, nur einen Anschiss vom Chef bei roten Zahlen. Wir arbeiten hier mit ‚Puffer‘.“ Was das bedeutet, erkenne ich im nächsten Moment, als er das inoffizielle Stationsbuch aus der Schublade zieht: „Schau hier! Wenn wir mal besser performen, schreiben wir die Zahlen hier auf. Das ist dann dein ‚Guthaben‘. Die offizielle Meldung macht die Frühschicht, und du bekommst von den Kollegen dein Guthaben zurück. Damit kannst du dir eine längere Pause leisten oder mal langsamer sein. Weißt Du was passiert, wenn wir ständig zu viel leisten? Dann kürzen sie uns die Zeiten. Denk an die Kollegen, die nicht mehr in ihren Zwanzigern sind! Halt dich bitte an die Regeln im Team! Du gehörst doch zum Team, oder?“
Diese Erfahrung hat mich lange geprägt. Und sie hat unter anderen dafür gesorgt, dass mich KPIs nicht sonderlich interessiert haben – selbst als ich selbst Chef wurde. Ich wusste: Die Realität sieht im Detail anders aus. Auch jetzt in meiner Rolle als Berater höre ich immer wieder von der ersten Führungsebene, sie bräuchte keine KPIs, um ihr Team zu „überprüfen“. Genau hier liegt der Knackpunkt: Als Überwachungsinstrument sollten die agilen Kennzahlen nämlich nicht genutzt werden! Das wird in der Regel von den Mitarbeitenden nur blockiert.
Um Ihnen die eigentliche Funktion der KPIs zu verdeutlichen, hier ein Beispiel: Mal angenommen, Sie planen mit einem E-Auto 300 Kilometer zu einem wichtigen Meeting zu fahren. Es ist Winter, Ihre Reichweite entsprechend niedriger. Sie müssen also eine Ladepause einplanen. Während der Fahrt haben sie auf dem Display alle nötigen Kennzahlen wie Reichweite und Geschwindigkeit im Blick. Wir sind das schon so gewohnt und würden uns ziemlich unwohl fühlen, wenn das Display ausfällt und wir nach „Gefühl“ fahren müssten. Dann würden Gedanken aufkommen wie „Bin ich zu schnell? Wie lange reicht die Batterie wohl noch?“. Sie würden vermutlich langsamer fahren und öfter an der Ladesäule anhalten als nötig.
Bei agilen Arbeitsweisen dienen KPIs vor allem dazu, Probleme rechtzeitig aufzudecken. Dies kann unter anderem folgende Bereiche betreffen:
Wenn die Öl-Leuchte blinkt, ist es sinnvoll, in die Werkstatt zu fahren, um einen großen Motorschaden zu verhindern. KPIs sind eine Hilfe, um das Ziel zu erreichen! Am besten erarbeitet das Team die Faktoren selbst, die helfen sollen, den Status zu monitoren – dann werden sie auch als nützlich wahrgenommen.
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